So nicht – wir fordern Antworten

Radfahrer weichen regelmäßig aus Sicherheitsgründen auf den Fußweg aus.

Wir widersprechen dem Bescheid der Straßenverkehrsbehörde vom 5.7.22.

Vorgetragene Gefahrenstellen werden nicht berücksichtigt:

In Ihrer Versagung finden wir nur ansatzweise für den Bereich der Fercher Str. eine Stellungnahme zu einer konkreten Gefahrenstelle. Dort beabsichtigen Sie Tempo 30 für LKW anzuordnen. Die Straße ist stellenweise so schmal, dass zwei LKW nicht aneinander vorbeikommen. Sie schreiben:“ Die Breite im Kurvenbereich beträgt 6 Meter“. Es gibt aber weitere Kurven und unübersichtliche Höhenunterschiede in der Fercher Straße, die gerade mal 5,50m breit, somit also extrem gefährlich, auch für entgegenkommende Kleinlastwagen sind. Die Fercher Straße unterschreitet das Maß von 5,50m zudem teilweise noch und führt insbesondere auf Höhe von Haus Nr. 31 zu Gefährdungen, da der Gegenverkehr nicht eingesehen werden kann. Dort auf die Vernunft der Autofahrer zu setzen, halten wir für falsch. Gemäß VwV-StVO zu § 41 VZ 274 sollte eher folgendes angewendet werden: Geschwindigkeitsbeschränkungen können sich im Einzelfall schon dann empfehlen, wenn aufgrund unangemessener Geschwindigkeiten häufig gefährliche Verkehrssituationen festgestellt werden.

Unfallgefahren werden ignoriert:

Wenn ein Unfall geschieht, bedeutet das , dass auch weitere 100 Unfälle gerade abgewendet werden konnten. Die Unfallpyramide unterteilt sich in der Regel in vier Ebenen:

  • Beinaheunfall: riskantes Verhalten ohne schwerwiegende Konsequenzen
  • leichter Unfall: kleinere Verletzungen, Weiterarbeit ohne Arbeitsausfall möglich
  • schwerer Unfall: schwere Verletzungen mit medizinischer Versorgung, Ausfallzeiten
  • tödlicher Unfall: Verletzungen mit Todesfolge

Deshalb werden die kleinen Kinder in Ferch von Ihren Eltern nicht auf die Straße gelassen. Das halten wir für eine grundsätzliche Ungerechtigkeit, denn die Straßen sind für alle da. Das sollte in der heutigen Zeit mit dem Anspruch auf Vision Zero und der Mobilitätswende keine Frage mehr sein.

Gibt es nur Autofahrer?

Mit keinem Wort wird in Ihrer Versagung auf den Radverkehr Bezug genommen. Auch Radfahrer sind Verkehrsteilnehmer, die von schnellen Fahrzeugen regelmäßig bedrängt, genötigt und gefährdet werden. Bei ängstlichen Radfahrern hat es ich eingebürgert, dass sie regelwidrig den einseitig vorhandenen Fußweg mit dem Rad benutzen.

Auf allen Kreisstraßen in Ferch ist der Radverkehr drastisch gefährdet. Hier kann man zusätzlich anwenden: Nach § 45 Abs. 9 StVO dürfen ….Verkehrszeichen…. angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorgenannten Absätzen des § 45 StV0 genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt.

Auch bekannt ist der Straßenverkehrsbehörde das von der Gemeinde Schwielowsee beauftragte professionelle Radverkehrskonzept (PDF), das für die Kreisstraßen in Ferch teilweise Tempo 30 und diverse andere Maßnahmen empfiehlt.

Jede Begründung in Ihrer Versagung wird lediglich aus der Sicht des Automobilverkehrs dargestellt. RadfahrerInnen werden nicht erwähnt und hinsichtlich der Fußgänger im Kurvenbereich gäbe es ebenfalls Verhaltensvorschriften in der StVO. Nach § 25 StVO haben Fußgänger die Fahrbahn unter Beachtung des Fahrzeugverkehrs zügig auf dem kürzesten Weg quer zur Fahrtrichtung zu überschreiten.

Auf allen betreffenden Straßen gibt es jeweils nur einen für Rollstuhlfahrer, Rollator Nutzer, Menschen mit Gehhilfen oder Müttern mit Kinderwägen begehbaren Bürgersteig. Um an die nächste Bushaltestelle zu kommen, ist immer mindestens eine Fahrbahnüberquerung erforderlich. Die zügige Überquerung der Fahrbahn ist also „relativ“ zu betrachten.

Nicht alle können schnell über die Straße rennen

Dazu beispielhaft die Kreuzung / Einmündung „Neue Scheune“ / Fercher Straße. Zwei Bushaltestellen und der Zugang zum Sportplatz mit vielen kleinen Kindern, aber auch älteren Mitbürgern, die den Bus nehmen möchten:
Als junger oder rüstiger Fußgänger brauche ich mit dem Blick zu beiden Seiten und Überquerung der Fahrbahn etwa 8 Sekunden. Bei 50 kmh fährt ein Auto in der Zeit 111 Meter. Möchte ich also von der Bushaltestelle „Neue Scheune“ Richtung Potsdam die Straße überqueren, dann müsste man direkt bis zur Kreuzung „Neue Scheune“ gehen um des besten Überblick zu haben. Leider ist wegen der Kurve nur möglich etwa 60 m zu beiden Seiten einzusehen. Würden die Fahrzeuge dagegen Tempo 30 fahren, würden in diesen 8 Sekunden etwa 66m zurückgelegt werden. Außerdem verringert sich der Bremsweg erheblich. Dieses sind Situationen aus der Sicht des Ortskundigen, die vermutlich eine externe Behörde nach Aktenlage nicht ermessen kann. In Ferch wurden inzwischen 3 Bushaltestellen eingerichtet, an denen RollstuhlfahrerInnen ein- und aussteigen können. Leider nutzt das nicht überall, da die Infrastruktur darum herum keine sichere Überquerung der Fahrbahn zulässt. So auch in der Fercher Straße. Das Überqueren der Fahrbahn ist nur an unübersichtlichen Stellen und nicht quer zur Fahrbahn möglich, um auf der anderen Seite auf einer abgesenkten Bordsteinkante wieder auf den Gehweg zu kommen.

Das ist auch ein Votum dafür, Entscheidungen über alle Kreisstraßen in die Hände der Gemeinde zu geben und die veraltete StVO und weitere Gesetze und Verordnungen im Sinne aller Verkehrsteilnehmer zu überarbeiten.

Schilderwald versus Gefährdung?

Dass die Anordnung von Tempo 30 auf drei Teilstrecken in Ferch einen Schilderwald hervorrufen soll, können wir nicht nachvollziehen. Das sind lediglich 6 Schilder. Nicht berücksichtigen Sie dabei, dass die Tempo 50 Schilder durch Tempo 30 ersetzt werden können. Für die Teilstrecke Fercher Straße kann dann zudem auf das Zusatzzeichen 1010-51 verzichtet werden. Auch wird der Autofahrer nicht verwirrt, sondern fährt dauerhaft angepasster, wie wir während des temporär eingerichteten Tempolimits auf 30km/h in 2021 feststellen konnten. Zeitliche Einschränkungen der Verkehrsberuhigung durch Tempo 30 führen nach unserer Erfahrung zu unnötigen Verunsicherung der Autofahrer.

Zur Berechnung der Lärmemission:

Dies ist offenbar auf einer mathematischen Berechnung basierend, aus der sich ein Mittelwert ergibt, der keine tatsächliche Lärmbelastung an dezidierten Stellen im Ort wiedergibt. Warum gibt es keine konkreten Messungen? Z.B. an der Kreuzung Kammeroder Weg und Mühlengrund oder an der Beelitzer Straße auf der Höhe Burgstraße? Wie wird die teils extreme Lärmbelastung zu Pendlerzeiten bewertet? Der berechnete Mittelwert drückt hier keine reale Lärmimmission aus.

Ferch ist anders als Sie darstellen allgemeines Wohngebiet: Wird bei reinen oder allgemeinen Wohngebieten ein Geräuschpegel durch Verkehr von 59 dB(A) tags und 49 dB(A) nachts überschritten, kann dies eine unzumutbare Beeinträchtigung darstellen (§ 2 16. BImSchV). Das ergibt sich aus den Lärmschutzrichtlinien-Straßenverkehr des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2007, dort Nr. 2.1). Bei Erreichen dieser Pegel sind regelmäßig Gesundheitsgefahren für Anwohner zu befürchten und die Schwelle der Zumutbarkeit ist überschritten. Sie haben eine Mittelung von 55,6 dB(A) am Tag und bei 48,2 dB(A) in der Nacht angegeben, die nahe am Maximum liegt. Wir gehen davon aus, das die absoluten Werte den Grenzwert weit überschreiten.

Nicht berücksichtigt wurde auch, dass Ferch zum „Anerkannten Erholungsort Schwielowsee“ gehört. Im Ort gibt es zwei Campingplätze und neben der Wohnbebauung gibt es zudem über 400 Wochenendhäuser, die nicht in den Bevölkerungszahlen von Ferch erfasst werden. Nach §45 StVO (1a) 3. können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken in Erholungsorten von besonderer Bedeutung. Für die Naherholung im Bereich von Potsdam und Berlin hat auch Ferch diese Bedeutung.

Hier nochmals die nicht annähernd beantworteten Fragen:

  • Wie vertragen sich die Ziele, den Verkehr, der von starkem LKW Verkehr geprägt wird auf den Kreisstraßen in Ferch mit einer zulässigen Geschwindigkeit von 50 km/h (was von einzelnen Fahrzeugen immer wieder ignoriert wird) zu führen mit dem Anerkanntem Erholungsort Schwielowsee bzw. dem touristischen Ortsteil Ferch?
  • Wie kann eine Gefährdung von Schulkindern auf dem Schulweg in der Beelitzer Straße verringert werden? Schulkinder müssen zum Schulbus, z.B. vom Arthur-Borghard-Weg über die Straße auf den Bürgersteig. Auf Höhe der Burgstraße müssen sie wieder die Straße überqueren. Das findet bei morgendlichem starken Berufsverkehr und Transit zwischen den Autobahnanschlüssen statt.
  • Wie kann die Gefährdung von Kindern und älteren Mitbürgern verringern, die vom Fercher Waldweg oder Grüner Weg über die Straße auf den Bürgersteig wechseln möchten?
  • Wie kann die Gefährdung von Kindern, Sportlern und älteren Mitbürgern in Neue Scheune am Sportplatz verringert werden? An dieser Stelle gibt es eine schwer einsehbare Kurve, die immer wieder zu Gefährdungen führt. Eine Bushaltestelle ist vor der Kurve, die gegenüberliegende nach der Kurve. Die eingebaute Verkehrsinsel führt in keinem Fall zu einer Verringerung der Geschwindigkeit.
  • Mit welchen Maßnahmen kann man zulassen, auch ältere KiTa-Kinder zu Fuß zur KiTa laufen zu lassen? Die Gehwege sind schmal und nur einseitig der Straße.
  • Wie kann man dafür sorgen, dass Kinder sicher vom Mühlengrund auf den öffentlichen Spielplatz gelangen, da die Querung in einem Kurvenbereich liegt. (Weitere gefährliche Querungen im Kurvenbereich zur Kulturscheune, Waldgalerie Ferch, Imbiss Ferjahn)
  • Wie kann man Gefährdungen in den schwer einsehbaren Bereichen in Mittelbusch verringern? Die Straße ist dort teilweise so eng, dass LKW im Begegnungsverkehr nicht aneinander vorbei kommen. Dennoch ist Tempo 50 erlaubt.
  • Wie kann man die Sicherheit von Radfahrern verbessern, die vom Radweg R1 auf den Uferweg in Mittelbusch wechseln wollen? Hier gibt es enge schlecht einsehbare Kurven.
  • Wie kann die Sicherheit von Radfahrern verbessert werden, die vom R1 kommend Richtung Bahnhof Lienewitz / Seddin fahren möchten? Nirgendwo an der Kreisstraße ist ein Radweg, Radfahrer werden häufig durch schnelle Überholmanöver gefährdet.
  • Welchen Stellenwert hat die Sicherheit im Straßenverkehr? Geht der fließende Verkehr auch heute noch vor Sicherheit?
  • Ist eine Gleichberechtigung der Verkehrsteillehmenden gewährleistet?
  • Entspricht Tempo 50 im Erholungsort bei engen Straßen, höchstens einseitig vorhandenen Fußwegen, fehlenden Radwegen noch den Visionen der Zukunft der Mobilität?
  • Entspricht Tempo 50 in Ferch der Vision Zero, d.h. die Verkehrssicherheit geht vor?

Die von uns erstellten Kartenausschnitte stellen die schwierigsten Problempunkte dar. Dort kann man allerdings nicht erkennen, dass z.B. auf der kurzen Strecke der Beelitzer Str. über 60 Grundstücks- und Nebenstraßenausfahrten sind.

Geschwindigkeitsübertretungen

Nach der im Amtsblatt veröffentlichten Verkehrsstatistik fuhren dort im Messzeitraum vom 11.1.20 bis 31.1.20 15 % der Fahrzeuge auf der Beelitzer Straße wesentlich zu schnell und begingen somit verwarn – und Bußgeld-bewehrte Verkehrsverstöße. Darunter erfasst sind Geschwindigkeiten ab 57 km/h und in der Spitze bis 111 km/ h. Überhöhte Geschwindigkeiten zwischen 50 und 56 km/h sind hier unter den Tisch gekehrt oder statistisch bereinigt worden. Die Daten der Messgeräte haben bei einem relativ kurzen Messzeitraum von 21 Tagen 89.785 Fahrzeuge erfasst:

→ 12.092 Fahrzeugen (15%), die im Messzeitraum (21 Tage) deutlich schneller als erlaubt zwischen 57 km/ h und 111 km/h fuhren. Hochgerechnet auf 365 Tage entspricht das einer Menge von

→ 210.170 Fahrzeugen im Jahr, die auf der Beelitzer Straße innerorts deutlich zu schnell, nämlich zwischen 57 und 111 km/ h fahren.

Nirgendwo Innerorts in Ferch wurden durch die Geschwindigkeitsmessgeräte höhere Geschwindigkeitsübertretungen gemessen, als auf der Beelitzer Straße.

Hier eine Fotostrecke vom Kammeroder Weg und Mühlengrund (PDF)

Unser Vorschlag:

Zu einer neutralen Bewertung empfehlen wir eine gemeinsame Begehung oder Befahrung mit Fahrrädern. Nur dann kann man ermessen, was es bedeutet, wenn KFZ und LKW mit über 50 km/h durch Wohngebiete fahren. Auch die Auswirkungen auf vorhandene Gebäude in Form von Bauschäden können begutachtet werden.
Sicherlich sollte die StVO noch an aktuelle Erfordernisse der sich ändernden Mobilität angepasst werden. Dennoch sind wir der Auffassung, das §45 StVO bereits jetzt Raum genug bietet, Tempo 30 anzuordnen, um vermeidbare Gefährdungen und Belästigungen durch den Fahrzeugverkehr zu verhüten.

Zu Zeit liegen uns die am 12.07.2022 von uns per Mail angeforderten Stellungnahmen der beteiligten Behörden und das zweifelhafte Immissionsgutachten noch nicht vor.

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