Petition Tempo 30 – “Versagung”

...weiterhin freie Fahrt.

Straßenverkehrsbehörde lehnt die Anträge weitestgehend ab


Der Bescheid zeigt, dass die Rechte von Fußgängern und Radfahrern gesetzlich völlig vernachlässigt wurden. Politisch ist die Autolobby sehr stark vernetzt.
Das kann uns nicht reichen!


Am 5.7.22 hat der FB Sicherheit, Ordnung und Verkehr des Landkreises Potsdam- Mittelmark seinen Bescheid versendet, der wie folgt zitiert wird:

Aufgrund des Antrages vom 12.01.2022 ergeht folgender
Bescheid:

1. In der Fercher Straße wird vom Ortseingang aus Richtung Werder (Havel) kommend bis ca. 50 m
hinter dem Eugen-Bracht-Weg das VZ 274-30 StvO mit ZZ 1010-51 StVO angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Dieser Bescheid ergeht kostenfrei.


Begründung:

Mit Datum vom 12.01.2022 beantragten Sie die Reduzierung der innerorts geltenden zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h auf 30 km/h in Ferch, Fercher Straße, Kammeroder Weg, Mühlengrund und Beelitzer Straße. Weiterhin wird beantragt, die zeitliche Beschränkung der im Glindower Weg in Ferch im Kita-Bereich geltenden 30 km/h aufzuheben. Es soll außerdem geprüft werden, wie der Schwerlastverkehr von der Autobahn aus Ferch ferngehalten werden kann.
Begründet wird der Antrag damit, dass sich die Kraftfahrer häufig nicht an die innerorts geltenden 50 km/h halten, dass es nur auf einer Straßenseite Gehwege gibt, die teilweise von Seite zu Seite wechseln und die Straße zur Hauptverkehrszeit von Fußgängern überquert werden müsse, um zur Bushaltestelle zu gelangen und es weiterhin keine Radwege gibt, weshalb die Radfahrer häufig die Gehwege nutzen. Außerdem wären die Straßen zu schmal, so dass LKW im Begegnungsverkehr den gesamten Verkehr gefährden würden. Erreicht werden soll, dass Straßenquerungen sicherer werden, die Unfallgefahr und die Lärmbelästigung gesenkt werden, das Ausfahren aus Grundstücken für die Anwohner leichter wird und Erschütterungen deutlich geringer werden.
Nach § 45 Abs. 9 der StVO sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorgenannten Absätzen des § 45 StV0 genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt.


Gemäß VwV-StVO zu § 41 VZ 274 sollen Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Sicherheitsgründen
auf bestehenden Straßen angeordnet werden, wenn Unfalluntersuchungen ergeben haben, dass
häufig geschwindigkeitsbedingte Unfälle aufgetreten sind, jedoch nur dann, wenn festgestellt worden ist, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit von der Mehrheit der Kraftfahrer eingehalten wird. Dies gilt nicht für Anordnungen von innerörtlichen streckenbezogene Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km /h im unmittelbaren Bereich von an der Straße gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern. Orte für Freizeitaktivitäten fallen nicht unter diese Regelung.


Gemäß VwV-StvO zu § 45 sollen Geschwindigkeitsbeschränkungen nur im unmittelbaren Bereich von an den Straßen gelegenen Einrichtungen angeordnet werden, soweit die Einrichtung über einen direkten Zugang zur Straße verfügt. Dabei Ist die streckenbozogene Anordnung auf den unmittelbaren Bereich der Einrichtungen zu beschränken. Der beantragte Wegfall der zeitlichen Begrenzung würde nicht mehr dem eigentlichen Zweck der verkehrsrechtlichen Anordnung entsprechen.

Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Gründen des Lärmschutzes dürfen nur nach Maßgabe der
Richtlinie für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm
(Lärmschutz-Richtlinien-StV) angeordnet werden.


In der amtlichen Begründung zu § 45 StVO heißt es unter 2.1.1: “Anordnungen sind im Regelfall
unzulässig, wenn Verkehrsteilnehmer bei zweckgerechter Benutzung der Straße unter Anwendung der gebotenen Aufmerksamkeit etwaige Schäden selbst abwenden können, wobei auch in schwierigen Verkehrslagen eine gesteigerte Aufmerksamkeit erwartet werden kann. Da auch Kenntnisse über besondere Verkehrsgefahren vorausgesetzt werden können, sind Verkehrszeichen entbehrlich, weil Kraftfahrer mit der erforderlichen Sorgfalt etwaige Risiken durch vorsichtiges Fahren selbst abwehren können..”
Im Rahmen der Prüfung des Antrages wurden u.a. das Polizeipräsidium Direktion West,
Polizeiinspektion Potsdam, der Kreisstraßenbetrieb und die Gemeinde Schwielowsee als zuständige
Straßenbaulastträger und die regiobus Potsdam-Mittelmark GmbH angehört.


Die Auswertung der Unfallzahlen war im Hinblick auf die Geschwindigkeiten in allen Straßen
unauffällig. Jedoch wurde im Bereich der Fercher Straße eine erhöhte Beteiligung von Unfällen mit
Fahrzeugen über 7,5 t festgestellt. Dies rechtfertigt die Anordnung der Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 km/h für LKW in der Fercher Straße zwischen Ortseingang aus Richtung Werder (Havel) kommend bis ca. 50 m hinter dem Eugen-Bracht-Weg.


Ein weiterer Grund für die Beantragung von 30 km/h in der Fercher Straße war eine Doppelkurve, bei der man bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h in den Gegenverkehr käme und durch welche die Sicht beim Auffahren auf die Fercher Straße erheblich beeinträchtigt wird. Außerdem würde die Straße von vielen Radfahrern befahren und es gäbe zahlreiche Fußgängerquerungen. Diese erfolgten auch im Kurvenbereich. Auch wäre die Straße sehr schmal. Die Breite im Kurvenbereich beträgt 6 Meter. Zusätzlich zu den gemachten Ausführungen regelt §3 StVO auch, dass nur so schnell gefahren werden darf, dass innerhalb der übersehbaren Strecke angehalten werden kann.
Das im Straßenverlauf eine Kurve kommt ist gut erkennbar. Der Fahrzeugführer muss somit schon auf Grund der Regelungen der StVO seine Geschwindigkeit anpassen.
Hinsichtlich der Fußgängerquerungen im Kurvenbereich gibt es ebenfalls Verhaltensvorschriften in der StVO. Nach § 25 StVO haben Fußgänger die Fahrbahn unter Beachtung des Fahrzeugverkehrs zügig auf dem kürzesten Weg quer zur Fahrtrichtung zu überschreiten. Wenn u. a. Die Sichtverhältnisse es erfordern, ist eine Fahrbahn nur an Kreuzungen oder Einmündungen, an Lichtzeichenanlagen innerhalb von Markierungen, an Fußgängerquerungshilfen oder auf Fußgangerüberwegen zu überschreiten. Nach einem Urteil des OLG Saarbrücken sollten Querungen möglichst nur dort erfolgen, wo Fußgänger den Fahrzeugverkehr beobachten können und dieser sie wiederum als Fußgänger wahrnehmen kann, z. B. nicht in Kurven.

Vom Straßenbaulastträger wurde außerdem der Lärmmittelungspegel angefordert. Dieser wurde auf der Grundlage einer vom 18.05.2022 bis 24.05.2022 durchgeführten Verkehrszählung berechnet und lag bei 55,6 dB(A) am Tag und bei 48,2 dB(A) in der Nacht. Gem. Lärmschutz-Richtlinien-StV liegen die Grenzwerte für Kern-, Dorf, und Mischgebiete bei 72 dB(A) am Tag und bei 62 dB(A) in der Nacht. Der berechnete Wert liegt selbst unter den Grenzwerten von 64 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung 16. BimSchV), welche jedoch nur für den Bau oder die wesentliche Änderung von öffentlichen Straßen gilt. Die Notwendigkeit der Geschwindigkeitsreduzierung aus Lärmschutzgründen ist nicht gegeben.


Auch die Ergebnisse der aus den Zahlen der ebenfalls im Mai durchgeführten Verkehrszählung
ermittelten Lärmmittelungspegel rechtfertigen eine Geschwindigkeitsreduzierung nicht. Die Werte
lagen hier bei 57,7 dB(A) tags und 48,9 dB(A) nachts im Mühlengrund, bei 56,1 dB(A) tags und 47,3 dB(A) nachts in der Beelitzer Straße und bei 54,9 dB(A) tags und 48,2 dB(A) nachts im Kammeroder Weg.


Die Straßenverkehrsbehörde sieht keine Möglichkeit, den Schwerverkehr von den hier in Rede
stehenden Straßen fernzuhalten. Für eine entsprechende verkehrsrechtliche Anordnung bedarf es
einer Teileinziehung der Straßen, welche jedoch nicht vorliegt. Daher kann die Straße nicht auf
bestimmte Verkehrsarten beschränkt werden. Die Beschränkung des Verkehrs darf nicht zu einer auf Dauer gerichteten Beeinträchtigung des Widmungsgehalts öffentlicher Verkehrsflächen führen.


Würde Ihrer Argumentation gefolgt, so könnte jede Straße, die Ihre geschilderten Eigenschaften
aufweist, mit Einzelfallregelungen versehen werden. Dies würde zu einer Aushöhlung der
gesetzlichen Wertung führen – sowohl im Hinblick auf die gesetzlich vorgeschriebene
Geschwindigkeitsregelung (S 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO), als auch bezüglich der gesetzgeberischen Absicht
der Vermeidung eines “Schilderwalds” und des Erreichens einer höchstmöglichen Akzeptanz von
Einzelfallregelungen (vgl. Begründung des Bundesrats zur 24. Verordnung zur Änderung
straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften – 24. StVRÄndV – DS 374/97, S.5).


Insgesamt konnte die besondere Gefahrenlage nicht festgestellt werden. Ihr Antrag wird daher teilweise abgelehnt.

Rechtsgrundlagen

  • Straßenverkehrsordnung (StVO) vom 06.03.2013 (BGBI. I S. 367) in Kraft getreten am 01.04.2013 in der derzeit geltenden Fassung
  • Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOst) vom 25.01.2011 (BGBI. I S. 98) in der geltenden Fassung

Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Landrat des Landkreises Potsdam-Mittelmark, Niemöllerstraße 1 in 14806 Bad Belzig, bei der oben angegebenen Stelle oder bei jeder anderen Dienststelle des Landkreises einzulegen.

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4 Kommentare

  1. Wurde gegen den Bescheid Widerspruch eingelegt?
    Denn damit würde da ganze mal durch das Verwaltungsgericht geprüft und dort könnten dann vielfältige Videos als Beweis vorgelegt werden! Ggf. Würden auch Gutachten durch das Gericht eingeholt!
    Man braucht da nur einen passenden Anwalt!

  2. Die Petition, Antrag an den Landkreis hat alles nun nichts gebracht. Die zuständige Behörde legt die StVO sehr eng aus. Man darf sich hier fragen wie es denn die Stadt Potsdam mit der gleichen StVO geschafft hat, die Zeppelin Straße mit 30 zu versehen?
    Möglich wohl weil die StVO zu schwammig ist?
    Wie wäre es denn mit einer Petition an den Deutschen Bundestag? Dieser möge beschließen, dass die StVO und ihre Verwaltungsvorschrift verändert werden! Es könnten z.B. die Gründe für eine mögliche Anordnung tempo 30 erweitert werden?
    Breite des Fussweges unter 3m
    Fussweg nur auf einer Seite…
    Gefällestrecke
    Fahrbahnbreite unter 8m….

    Ich denke wenn die Vorschrift nicht passt muss die Vorschrift geändert werden! Und es gibt doch bundesweit viele Orte mit gleichem Problem, die eine solche Petition mittragen würden.

    Hier wird etwas zu klein gedacht!

    1. Hallo Herr Francke,
      wir denken doch, dass die Petition etwas gebracht hat, auch für die Zukunft etwas bringt.
      Wenn auch nur ein Teilerfolg, so haben wir jetzt wieder eine temporäre Beschränkung auf Tempo 30, auch wird geprüft, ob ein Durchfahrtsverbot für LKW > 7,5to zu bekommen ist.
      Durch die breite Unterstützung der Fercher Bürger, ebenso wie aus dem Umfeld, wird den Behörden die Situation klar.
      Auch wenn wir uns vielleicht teilweise bei den Kreisbehörden unbeliebt machen, die übrigens peronell überfordert sind, steigt duch die vielen direkten Beschwerden die Akzeptanz.